Phantastische Spielewelten


ABSCHIED

Wie nennt man einen Menschen, mit dem man eine Zeit lang zusammengelebt hat. Der einem wichtige Impulse gegeben hatte, die völlig neue Wege aufzeigten. Mit dem man gemeinsam viele schöne Stunden verbrachte, mit kochen und spielen. Mit dem man sich danach nur noch sporadisch, meist nach Jahren getroffen hat, zu einer Stippvisite oder einer Hochzeit und doch das Verhältnis beim Wiedersehen gleich so war, als wären statt der Jahre nur Wochen nur Tage vergangen.

 

Ein Bekannter, ein Freund?

 

Ein solcher Mensch war Michael. Einige Wochen hatte er mit uns in den 80-igern zusammengelebt. In Wiesbaden machte er eine Umschulung zum Informatiker. Vom abgeschlossenen Meeresbiologen zum Informatiker. Als Meeresbiologe hatte ihm die Uni ein Labor und eine Sekretärin angeboten, aber kein Gehalt. Auf einem Forschungsschiff hatte er an einer Reise zur Antarktis teilgenommen und untersuchte dabei, welche Kleinsttiere sich im dortigen Wasser befanden. Dabei sorgte er immer wieder für einen Lacher, wenn er erzählte, dass es sich dabei um eine Halbtagsstelle handelte. Aus dieser Halbtagsanstellung resultierte ein Vortrag über Südamerika, das er bereiste, nachdem er sich nach Abschluss der Forschungsreise in Feuerland hatte absetzen lassen.

 

Für mich war der „Spielende Michael“ ein Impulsgeber. Civilization, 1829 waren für mich Spiele, von denen ich gehört hatte, aber gespielt hatte ich keines von beiden. Erst durch Michael begann ich mich für diese Spiele zu interessieren. Das war für mich und damit auch für den Spieleladen, den ich einige Monate zuvor mit einigen Freunden gegründet hatte, ein großer Sprung. Kannten wir bis dahin nur die in Deutschland veröffentlichten Spiele wie Sagaland, Hase & Igel, Scotland Yard. Die Spiele von Verlagen wie Hartland, SPI, Avalon Hill, Gibson eröffneten mir eine völlig neue Spielewelt.

 

Kennen sie Walter Luc Haas, Knut-Michael Wolf? Ich kannte sie nicht und den „Stabsanzeiger“ kannte ich schon gar nicht. Michael hatte mich auf diese Art des Spielens aufmerksam gemacht, die als Play-By-Mail bezeichnet wurde, kurz PBM. Unter seiner Anleitung entstand die Postspiel-Zeitung Play-By-Merlin, die sich auf den Namen unseres Ladens bezog. Michael blieb diesem Hobby lange verbunden. Ende der 90-iger hatte er die Herausgabe des „Stabanzeigers“ übernommen.

 

In den 2000ern hatten er und seine zukünftige Frau uns zu ihrer Hochzeit auf einer Hallig eingeladen. Es war wie oben schon beschrieben, so, als wären Tage und nicht Jahre nach dem letzten Zusammentreffen vergangen.

 

Michael ist am 10.08.2021 im Alter von 71 Jahren gestorben. Für uns war es ein großes Glück, dass wir in kennenlernen durften.